Selbsterwärmung und Fermenterkühlung

Als ich 2005 damit begann, die ersten hoch belasteten (Raumbelastung 8-10 kg oTS/cbm/d) Biogasfermenter zu bauen und in Betrieb zu nehmen, trat ein unerwartetes Phänomen auf – im Sommer wurden die Fermenter von alleine warm, ohne dass die Heizung eingeschaltet war. Das eigentliche Problem lag darin, dass der Temperaturanstieg so schnell war, dass die Biologie umkippte. In wenigen Wochen wurden aus geplanten 39 °C Fermentertemperatur 43 °C und die Fermenterbiologie war plötzlich instabil.

Bei genauerer Betrachtung der ablaufenden biochemischen Prozesse im Fermenter stellt man fest, dass diese Erwärmung durch die Fermenterbiologie erzeugt wird. In Anlagen mit sehr hohem Gülleanteil, bei der Industrieabwasservergärung und bei der Klärschlammfaulung spielt dieser Effekt keine Rolle, da einerseits das Substrat eine so geringe „Energiedichte“ (= Biogaspotenzial) aufweist, dass beim Abbau der Organik nur vergleichsweise wenig Wärme frei wird und andererseits das Substrat so kalt  und verdünnt ist, dass die geringe frei werdende Wärme nicht ausreicht, eine nennenswert messbare Erwärmung zu erzeugen.

Hohe Energiedichte in der Silage fördert Erwärmung

Bei der Vergärung von Silage stellt sich die Situation völlig anders dar. Die Energiedichte ist etwa 10-fach höher als bei Gülle, das bedeutet, es wird je Tonne Silage 10 mal mehr Wärme frei und diese muss von der mehr als 10 mal kleineren Restmasse aus der Vergärung aufgenommen werden. Dadurch wird die Eigenerwärmung ein wichtiger Faktor für den stabilen Betrieb einer Biogasanlage, insbesondere dann, wenn die Erwärmung nicht gesteuert werden kann.

In einer Reihe mir bekannter Biogasanlagen sind Fermenterkühlsysteme eingebaut, um den Temperaturanstieg zu kontrollieren. Je nach Philosophie des Betreibers werden Temperaturen von 39, 42 oder 44 °C eingestellt und im Sommer mit Hilfe der Fermenterkühlung aufrechterhalten. Darin liegen nach meiner Erfahrung zwei grundlegende Fehler.

Steuerung der Fermentertemperatur

Zunächst ist die absolute Höhe der Fermentertemperatur nicht wichtig. Es ergibt daher gar keinen Sinn z.B. 42 °C oder 44 °C mit viel Aufwand aufrecht zu erhalten, es könnte auch eine deutlich höhere Temperatur gewählt werden. Der zweite Fehler liegt darin, anzunehmen nur eine Kühlung wäre in der Lage, die Fermentertemperatur zu kontrollieren.

Ein wirtschaftlich erheblich sinnvollerer Weg zur Kontrolle und Stabilisierung der Fermentertemperatur bei starker Selbst- oder Eigenerwärmung liegt darin, die Fermentertemperatur von vorne herein auf ein Niveau anzuheben, welches einen weiteren Anstieg in den Sommermonaten zuverlässig verhindert.

Erstellt man eine Wärmebilanz über den Fermenter, so stellt man fest, dass bei höherer Fermentertemperatur auch eine proportional höhere Wärmemenge mit dem Fermenterablauf ausgetragen wird. Dieser zusätzliche Wärmeaustrag muss so hoch sein, dass die Temperatur im Fermenter im Hochsommer nicht mehr ansteigt. Der einzige Nachteil dieser Methode liegt darin, dass etwas mehr Wärme zum Heizen im Winter benötigt wird. Da die meisten Biogasanlagen aber sowieso Wärmeüberschuss haben, ist das wirtschaftlich zu vernachlässigen.

Die optimale Fermentertemperatur hängt vom Fermentationssystem, der Raumbelastung des Fermenters und den klimatischen Bedingungen ab. Silagemonofermentationsanlagen in Deutschland mit einer Raumbelastung bis 10 kg/cbm/d vermeiden das Temperaturproblem im Sommer, wenn sie bei 48 bis 52 °C Fermentertemperatur betrieben werden. Mit einer Fermentertemperatur von 52 °C sind Sie hinsichtlich der unkontrollierten Eigenerwärmung in Deutschland „auf der sicheren Seite“. Das Kühlsystem nutzen Sie besser zum Kühlen des Biogases oder zur Unterstützung der BHKW-Rückkühler im Sommer. Da gibt es mehr Sinn.

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